• "Peter Truschner gehört zu jener aussterbenden Künstlerspezies, die stets aufs Ganze gehen muss." ***** Frankfurter Allgemeine Zeitung

  • "A powerful use of image and poetry." ***** Roger Ballen, Photographer

  • "Terribly beautiful and fascinating" **** Richard Mosse

  • "Peter Truschner schont in seinen Texten über eine Welt, in der es um den Preis und nicht um den Wert einer Ware, der Arbeit oder des Lebens geht, weder sich noch den Leser." ***** Stefan Gmünder, Der Standard

  • "Peter Truschner belongs to the almost extincted sort of artists who always have to go all out." ***** Frankfurter Allgemeine Zeitung

  • "A great amount of good photography." ***** Myrto Steirou, VOID

  • "Peter Truschner ist nicht nur ein wacher und sensibler Beobachter, sondern ein Erlebender des Wahnsinns, der um uns herum geschieht." ***** Martin Kusej, Burgtheater Wien

  • "Ist das immer schon so gewesen, dass man eines Tages hinter seinem warmen Ofen hervorgeholt und an den Haaren ans Ufer gezerrt und in die kalten Betriebsfluten getaucht und getauft wurde im Namen des Geschäfts?" ***** aus: Im Namen des Geschäfts

Copyright 2024 - Peter Truschner - All rights reserved // „Peter Truschner gehört zu jener aussterbenden Künstlerspezies, die stets aufs Ganze gehen muss.“ Frankfurter Allgemeine Zeitung

Essays

 

Bagdad Theater 2003 präsentiert: George Bush II

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Das Imperium zerstört das Gemeinwesen

Politik reduziert sich in allen Dramen Shakespeares letztlich auf die Hervorbringung und Perfektion von Herrschaftstechniken. In den „Römerdramen“ - Coriolan, Julius Cäsar, Antonius und Cleopatra - behandelt Shakespeare die Auswirkungen imperialer Machtpolitik auf das Gemeinwesen Roms. Die römische Öffentlichkeit, der Marktplatz und die dort praktizierte freie Rede sind dabei von zentraler Bedeutung. Tapferkeit, Stolz, Disziplin - mit diesen letztlich auf die kriegerische Auseinandersetzung zielenden männlichen Tugenden kann man Staaten errichten, Eroberungskriege führen, Völker besiegen und in ein Imperium integrieren, aber keinen dauerhaften Frieden stiften. Zuviel Blut ist auf dem Weg dorthin vergossen worden. Brutus glaubt, nachdem er mit den Verschwörern Cäsar erstochen hat, tatsächlich, dass aus seiner Gewalttat Frieden entstünde. „Lasst unsere Hände in Cäsars Blut baden, und dann mögen wir alle rufen: Frieden, Freiheit, Freiheit.“  So wird es auch tönen, wenn die US-Truppen sich ihren Weg nach Bagdad gebombt haben und die westliche Welt Hunger, Durst und Verzweiflung der Menschen mit der Akzeptanz jener Freiheit verwechseln wird, die sie ihnen aufgezwungen hat. Marcus Antonius weiß nur zu gut um diese Gewaltspirale, an deren Ende „Mord so zur Sitte und das Furchtbarste so vertraut werden, dass Mütter nur lächeln, wenn sie ihre zarten Kinder gevierteilt sehen von der Hand des Krieges“. Auch weil Antonius das weiß und es sich nutzbar machen kann, macht es ihm nichts aus, den Sohn seiner Schwester zur Exekution freizugeben. Antonius’ Worte erinnern an die Zustände im heutigen Afghanistan, wo ein Jahr nach der „Befreiung“ durch die USA Folter, Raub und Menschenhandel vor allem bei jenen Stammesfürsten an der Tagesordnung sind, die von den USA im „Kampf gegen den Terrorismus“ besonders unterstützt werden. „Waffen und Hilfsgüter werden gezielt an jene verteilt, die die Bevölkerung am meisten bedrohen“, bringt es Human Rights Watch auf den Punkt.
Unter Augustus (Antonius und Cleopatra) vollendet sich, was in der italienischen Stadtrepublik (Coriolan) bereits angelegt war: die Zerstörung des Republikanismus im Prozess der römischen Expansion und der Eroberungen, die Rom zur Weltmacht werden ließen (Julius Cäsar). Insofern bilden die „Römerdramen“ eine Trilogie von Aufstand und Untergang eines Gemeinwesens, das sich durch erfolgreiche Machtpolitik selbst zerstörte. Es ist kein Zufall, letztlich sogar signifikant für den Niedergang des römischen Reichs im Augenblick seiner größten Expansion, dass die Form der angesprochenen Öffentlichkeit in „Antonius und Cleopatra“ so gut wie verschwunden ist. Das Imperium pflegt mit dem Volk eine Ein-Weg-Kommunikation. Das Volk ist zur entpolitisierten und die Früchte des Imperiums bestenfalls konsumierenden Masse geworden. Was bei Hegel das „Recht des Königs, den Untertanen den Tod zu zeigen“ war, war bei den Römers längst die Pflicht, solches zu zeigen und sich anzusehen. Brot und blutige Zirkusspiele - die Kulturindustrie der römischen Kaiserzeit ersetzte das Forum, der Massenkonsum die Öffentlichkeit, und aus dem Recht der freien Rede wurde die Pflicht, an den Massenexerzitien des römischen Imperialismus teilzunehmen. Ihnen fernzubleiben wurde zu manchen Zeiten drakonisch bestraft. (Mit ein Grund, weshalb Peter Sloterdijk diesen Prototyp der Massenkultur des 20. Jahrhunderts als „römischen Amüsierfaschismus“ bezeichnet.

Wir - die Kampfgemeinschaft

Nationalimperien stützen sich nicht zuletzt auf Massenkommunikationsprozesse, die das Kunststück zuwege bringen, heterogene ethnische und soziale Gruppen in Millionenhöhe zu synchronisieren, auf dass diese später im Kriegsfall ein homogenes ‚Wir’ ergeben, das sich in den Krieg schicken lässt. Sobald der Krieg medial als Möglichkeit inszeniert wird, ist er auch schon ausgebrochen. Hier und jetzt, in der Gegenwart der Kampfgesellschaft - einer Gemeinschaft, die sich gegenwärtig schon im Kriegszustand befindet, da ihre Gemeinschaft sich durch den Bezug auf diesen möglichen Krieg erst konstruiert. Ob er stattfindet oder nicht, ob er erklärt wird oder nicht - das bleibt dieser Notwendigkeit gegenüber eine bloße empirische Option. Das ist es, was Carls Schmitts Theorie des Ausnahmezustands als Theorie des Politischen erfordert: die Kampfgesellschaft. Der strukturierende Feind ist da, ob als realer oder zu erfindender, außerhalb und innerhalb der Kampfgesellschaft. Er formiert die heterogene menschliche Gemeinschaft zur homogenen Kampfgemeinschaft, zum kämpfenden ‚Wir’.
(…)

 

¹Julius Cäsar, übersetzt von Peter Stein. Residenz Verlag, Salzburg 1993.
²Siehe: Judith Huber, Neuer Hut, gleicher Kopf. Innere Sicherheit in Afghanistan. In: Le Monde Diplomatique 20, März 2003.
³Peter Sloterdijk, Bilder der Gewalt - Gewalt der Bilder. Vortrag im Rahmen der 3sat-Teleakademie an der Universität München 2001.

 

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